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#regrettingmotherhood – bin ich glücklich wegen, trotzdem oder warum sonst?

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Seit zwei Wochen rollt eine Lawine namens #regrettingmotherhood durch die Sozialen Medien. Losgetreten hat sie die Süddeutsche Zeitung mit diesem Bericht über die qualitative Studie der Soziologin Orna Donath von der Universität Tel Aviv, die 23 israelische Mütter im Alter von Mitte zwanzig bis Mitte 70 in zu ihren Gefühlen gegenüber der eigenen Mutterrolle befragt hat. Das einzige, was alle diese Frauen eint, ist, dass sie es bereuen, Mutter geworden zu sein. Der Artikel der Wissenschaftlerin findet sich hier und er rüttelt an einem der letzten Mythen unserer modernen Welt, der da lautet: Mütter sind glücklich, weil sie Mütter sind.

Das Tabu war gebrochen, das Unaussprechliche wissenschaftlich belegt. Viele Bloggerinnen beeilten sich daraufhin zu beteuern, dass sie es (trotz allem) nicht bereuen würden, Mutter zu sein, einige Bloggerinnen (wie Rona Duwe) beschrieben, sie würden ihr Mutterdasein als ambivalent empfinden (was nicht das gleiche ist, wie „aufzehenspitzen“ betont). Überall wurde nach Frauen gesucht, die es ganz im Ernst und ohne „aber“ bereuen, Mutter zu sein und „Die Welt“ fand tatsächlich eine, die sich anonym dazu bekannte, sich im „Käfig der Mutterschaft“, den die „störenfriedas“ so treffend beschreiben, gefangen zu fühlen.

Mich hat diese Debatte sehr beschäftigt. Ich finde es seit zwanzig Jahren schwer, ein Leben als Mutter zu führen und das liegt natürlich auch daran, dass diese Rolle von Politik und Gesellschaft mit unerfüllbaren Ansprüchen überladen und gleichzeitig zu wenig anerkannt und respektiert wird. Es liegt aber auch an vielen anderen Gründen, die mit meiner Persönlichkeit und meinem Lebenslauf zusammenhängen. Und leider kenne ich nicht nur andere Mütter, die das nicht hören wollen sondern auch kinderlose Bekannte, die mir Fragen stellen wie: „Du als Akademikerin bist ungeplant schwanger geworden? Weißt du denn nicht, wie man verhütet?“ oder „Wieso hast du denn Kinder bekommen, wenn du das alles so anstrengend findest?“ Tja, wieso? Weil mein Leben kein Strategiespiel ist. Ohne Kinder wäre mein Leben anders. Ob ich glücklicher wäre, weiß ich nicht. Aber ich erinnere noch, dass ich ohne Kinder auch oft nicht glücklich war. Es scheint nicht so einfach zu sein mit der Kausalität.

Als Jugendliche dachte ich, meine Mutter hätte ein glücklicheres Leben führen können, wenn sie nicht mit mir schwanger geworden wäre. Als ich sie später danach fragte, guckte sie mich entgeistert an und sagte: „Wie kommst du denn darauf? Du warst das größte Glück meines Lebens!“ Meine Mutter ist ein gutes Beispiel dafür, dass Glück nicht von den äußeren Umständen abhängt. Als sie noch berufstätig war, war sie unglücklich wegen der Arbeit. Als sie berentet wurde, war sie unglücklich ohne die Arbeit. Als ihr Mann noch lebte, war sie unglücklich mit ihm. Seit er tot ist, ist sie unglücklich ohne ihn. Seitdem ihre eigene Mutter bei ihr lebt, ist sie unglücklich wegen ihr und wie es ihr gehen wird, wenn diese auch nicht mehr lebt und sie sie nicht mehr für ihr Unglück verantwortlich machen kann, will ich mir lieber nicht vorstellen. Glück ist nicht objektiv sondern subjektiv und wir sind in erster Linie selber dafür verantwortlich. Auch das noch.

Am meisten hat mich in der ganzen Debatte dieser Artikel angesprochen, der gestern in der Süddeutschen Zeitung erschien und der in folgendem Statement mündet:

„Ihnen [den Kindern] wird ein Geschlechterbild vorgelebt, in dem die Frau eine Art Dienstleisterin ist. Das wird immer weitergegeben. Wir brauchen ein Mutterbild, das nicht darauf abzielt, eigene Bedürfnisse zu unterdrücken. Wir brauchen Mütter, die wissen, wo ihre Grenzen sind. Das ist verantwortungsvoll.“

Auch ich habe lange das Wohl meiner Kinder über mein eigenes gestellt, bis ich mich fühlte wie ein leerer Krug, aus dem alle noch ein paar Tropfen Wasser zu schöpfen versuchten. Als ich nach einem Burnout in der psychosomatischen Klinik landete, musste ich erst langsam lernen, für mich selber zu sorgen. Mir wurde immer wieder gesagt: „Sie sind der wichtigste Mensch in Ihrem Leben!“ und irgendwann verstand ich, dass dieser Satz nicht im Widerspruch steht zu der Tatsache, dass ich drei Kinder habe, sondern dass er dadurch sogar noch wichtiger wird. Von wem sollen sie lernen, wie man für seine Bedürfnisse einsteht, wie man Grenzen setzt, wie man sein Leben nach seinen Vorstellungen gestaltet, wie man glücklich ist, wenn nicht von mir? Wem nützte es, wenn ich mich abstrampele bei dem Versuch, ein (Frauen-) Leben zu leben, das ich meinen Töchtern nicht wünsche?

Seit ich angefangen habe, mit Frauen aus meinem Umfeld offen darüber zu sprechen und zu überlegen, was für ein Leben ich mir eigentlich wirklich für mich und meine Kinder wünsche, geht es mir besser. Ich habe noch nicht viele Antworten, aber ich stelle langsam die richtigen Fragen. Schade nur, dass ich nicht früher damit angefangen habe.

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